OGH Entscheidung Überwachungskamera

Gericht

OGH

Entscheidungsdatum

27.11.2019

Geschäftszahl

6Ob150/19f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek, Dr. Nowotny sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Dr. Anita Weich, Rechtsanwältin in Salzburg, gegen die beklagte Partei R*****, vertreten durch Dr. Kurt Kozák, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Leistung und Unterlassung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 23. Mai 2019, GZ 53 R 54/19a-39, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Oberndorf vom 28. Dezember 2018, GZ 2 C 681/17x-34, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit 501,91 EUR (darin 83,65 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger lebt mit seiner Lebensgefährtin und deren Tochter in einer im Eigentum der Lebensgefährtin stehenden Erdgeschosswohnung, der Beklagte mit seiner Ehefrau in der in seinem Eigentum stehenden angrenzenden Erdgeschosswohnung. Beiden Wohnungen sind Gärten zugeordnet, die ebenso aneinander grenzen. Vor diesen Gärten führt ein im Allgemeineigentum stehender Zugangsweg (ausschließlich) zu den Gärten der Streitteile vorbei.

Im April 2017 montierte der Beklagte im Bereich der Außenfassade seiner Wohnung eine Überwachungskamera („Dome-Kamera“). Er brachte diese an einem Kantholz in einer Höhe von etwa 2,2 m an, welches den über seiner Terrasse befindlichen Balkon stützt. Die Kamera ist 360 Grad schwenkbar, hat einen vierfach optischen Zoom und einen Slot für eine Speicherkarte, welche beim Ankauf bereits vorinstalliert war. Dem Beklagten ist es damit möglich, jederzeit Aufnahmen zu erstellen. Die Kamera ist über eine Handyapplikation steuerbar und auch in der Nacht mittels Infrarot funktionsfähig. Diese Infrarotfunktion wird ab entsprechenden Lichtverhältnissen automatisch aktiviert. Die Kamera verfügt außerdem über eine Alarmfunktion, welche anschlägt, sobald sich etwas bewegt; diese Funktion verwendet der Beklagte allerdings nicht.

Der Schwenkbereich der Kamera umfasst den eigenen Garten des Beklagten. Allerdings kann auch der vor dem Garten befindliche Zugangsweg gefilmt werden. Während der Boden des Gartens der Lebensgefährtin des Klägers mit der Kamera nicht erfassbar ist, kann mit ihr in einem äußerst kleinen Bereich in einem Eck dieses Gartens etwa auf Höhe des Kopfes einer erwachsenen Person Einsicht genommen werden, wobei dieser Bereich allerdings derart unscharf ist, dass nichts erkannt werden kann. Über diesen äußerst kleinen Bereich hinaus kann vom Garten der Lebensgefährtin des Klägers mit der Kamera nichts gesehen werden, weil dies die Hauswand verhindert. Der Weg zum Fahrradraum und den Mistkübeln ist durch eine Mauer verdeckt und kann daher mit der Kamera ebenfalls nicht eingesehen werden. Aufgrund der Höhe der Mauer wären zwar (nur) die Köpfe erwachsener vorbeigehender Personen zu sehen, allerdings kann man diese aufgrund der Unschärfe nicht erkennen. Wird dieser Bereich gezoomt, schwenkt die Kamera automatisch nach unten, sodass nur mehr die Mauer ersichtlich ist. Eine andere Positionierung der Kamera wäre nicht möglich, andernfalls der eigene Garten des Beklagten nicht mehr im erforderlichen Ausmaß, nämlich insbesondere die eigene Terrasse und der Bereich vor der Schlafzimmerterrassentüre, der sich auf einer anderen Seite als der Terrassenbereich befindet, gefilmt werden könnte.

Die Kamera wird vom Beklagten bei Tag zur Echtzeitüberwachung verwendet. Eine Aufzeichnung erfolgt hingegen nachts, wobei die Kamera so eingestellt ist, dass ausschließlich die Terrasse und der Bodenbereich des eigenen Gartens des Beklagten gefilmt werden. Über die Zugangsdaten zur Handyapplikation verfügen nur der Beklagte und dessen Ehefrau.

Der Kläger begehrt die Entfernung dieser Überwachungskamera und die Unterlassung der Anbringung einer Überwachungskamera derart, dass der Garten des vom Kläger bewohnten, der Zugangsweg vor den Gärten, der Bereich der Mülltonnen, der Bereich vor dem Kellerabgang/Fahrradabgang (und/oder) sonstige im Allgemeineigentum stehende Flächen überwacht werden. Mit der vom Beklagten angebrachten Überwachungskamera werde insbesondere ein Teil des vom Kläger bewohnten Gartens und der allgemein zugängliche Weg vor den Gärten eingesehen und aufgezeichnet. Da der Kläger, dessen Lebensgefährtin und deren Tochter diesen Weg oft benützten und insgesamt ein ständiger Überwachungsdruck vorliege, seien sie durch die Überwachung in ihrem Grundrecht auf Privatsphäre und ihr Recht am eigenen Bild verletzt. Darüber hinaus stützte der Kläger sein Begehren auf die Bestimmungen des Datenschutzgesetzes.

Dagegen wendete der Beklagte ein, die Kamera sehe den Garten des Klägers (bzw deren Lebensgefährtin) nicht ein, es erfolge lediglich eine Echtzeitüberwachung und diese sei zum Schutz von Leib und Leben des Beklagten und seiner Ehefrau sowie deren Eigentums aufgrund zahlreicher Vorfälle und Verhaltensweisen des Klägers erforderlich und gerechtfertigt.

Das Erstgericht, das umfangreich Beobachtungs- und Verfolgungshandlungen durch den Kläger, dessen auffälliges, ungewöhnliches und provokatives Verhalten, Lärmbelästigungen sowie Beeinflussungen und Einschüchterungen feststellte, wies das Klagebegehren ab. Der Beklagte greife zwar mit seiner Kamera in die Privatsphäre des Klägers ein, dessen Verhalten sei jedoch unverständlich, von jenem eines Durchschnittsmenschen erheblich abweichend, besorgniserregend, undurchschaubar und provokativ; aufgrund seiner Äußerungen seien auch weitere Eingriffe in Form von Rechtsverletzungen (etwa in Form von Sachbeschädigungen) zu befürchten. Eine Interessenabwägung habe deshalb zugunsten des Beklagten auszuschlagen.

Das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren statt und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR übersteigt und die ordentliche Revision zulässig ist; es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Anwendbarkeit „der neuen Rechtsordnung“ (gemeint: des Datenschutzgesetzes in der Fassung des Datenschutz-Anpassungsgesetzes 2018, BGBl römisch eins 2018/120) auf den konkreten Fall und zur Frage, ob und in welcher Form eine Bildverarbeitung von allgemeinen Teilen der Liegenschaft zulässig ist, wenn sich ein Lebensgefährte der Wohnungseigentümerin in der Gemeinschaft in der festgestellten Form nicht angepasst verhält.

In der Sache selbst vertrat das Berufungsgericht unter Hinweis auf Paragraph 12, DSG in der erwähnten Fassung die Auffassung, dass eine Bildverarbeitung zwar zulässig sei, wenn im Einzelfall überwiegende berechtigte Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten bestehen; es müsse aber auch die Verhältnismäßigkeit gegeben sein. Dies sei hier nicht der Fall, weil eine tatsächliche ernstliche und unmittelbare Drohung erheblicherer und schwerwiegenderer Aktionen des Klägers im von der Kamera umfassten Bereich nicht festgestellt worden seien. Das übermäßige Abschneiden von Thujen und eines Essigbaums des Beklagten durch den Kläger vom Zugangsweg aus habe mangels Vorsatzes nicht einmal eine strafbare Sachbeschädigung dargestellt; die übrigen Verhaltensweisen des Klägers hätten nicht im Sichtbereich der Kamera stattgefunden bzw hätten durch diese nicht verhindert werden können.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

1. Wie der Oberste Gerichtshof bereits festgehalten hat (6 Ob 131/18k ecolex 2019/151 [Zemann] = iFamZ 2019/78 [Deixler-Hübner] = jusIT 2019/29 [Thiele; Jahnel, 123] = RZ 2019/11 [Spenling] = ZIIR 2019, 168 [Thiele, 147] = MR 2019, 190 [Walter]; 6 ObA 1/18t ZIIR 2019, 285 [Thiele] = wbl 2019, 587 [Goricnik] = jusIT 2019/76 [Thiele]), gilt nach Artikel 99, Absatz 2, der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. 4. 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung, DSGVO) diese Verordnung ab dem 25. 5. 2018. Für Österreich bestimmt Paragraph 69, Absatz 4, DSG in der Fassung des Datenschutz-Anpassungsgesetzes 2018 (BGBl römisch eins 2018/120), dass zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes (am 25. 5. 2018; Paragraph 70, Absatz eins, leg cit) bei der Datenschutzbehörde oder bei den ordentlichen Gerichten zum Datenschutzgesetz 2000 anhängige Verfahren nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes und der DSGVO fortzuführen sind, mit der Maßgabe, dass die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte aufrecht bleibt. Sowohl die DSGVO als auch das Datenschutzgesetz in der Fassung des Datenschutz-Anpassungsgesetzes 2018 sind somit in diesem Verfahren bereits beachtlich.

2. Nach deren Artikel 2, Absatz eins, ist die DSGVO auf die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nicht automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen, anwendbar. Dabei werden alle Arten von personenbezogenen Daten geschützt; dieser Begriff, den die DSGVO in Artikel 4, Ziffer eins, definiert („alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen“), ist weit zu verstehen (RS0132655). Nach Hödl (in Knyrim, DatKomm [2019] Artikel 4, DSGVO Rz 9) ist (auch) der Begriff der Informationen weit zu verstehen und umfasst neben den äußeren Merkmalen (wie etwa Geschlecht, Größe, Gewicht) auch Identifikationsmerkmale (wie etwa Name, Geburtsdatum), sachliche Informationen (wie etwa Vermögens- und Eigentumsverhältnisse), innere Zustände (wie etwa Überzeugungen, Werturteile) und auch sonstige Beziehungen der betroffenen Person zu Dritten und ihrer Umwelt.

3. Die Begriffsdefinition der personenbezogenen Daten enthält drei Komponenten: Eine Verarbeitungskomponente, eine Inhaltskomponente und eine Identitätskomponente (Hödl aaO Rz 10). Zutreffend führt Bergauer (in Knyrim, Datenschutz-Grundverordnung – Das neue Datenschutzrecht in Österreich und der EU [2016] 47) dazu aus, dass es sich beim äußeren Erscheinungsbild dann um ein personenbezogenes Datum handelt, wenn diese Information in eine verarbeitbare Darstellung gebracht wird. Im Fall von Bilddaten muss die abgebildete Person zumindest erkennbar sein; dafür reicht es auch aus, dass die Betroffenen im Nachhinein bestimmbar sind (Hödl aaO Rz 16). Außerdem ist eine Identifikation einer Person möglich, wenn zwar die Information für sich genommen nicht ausreicht, um sie einer Person zuzuordnen, jedoch dies möglich ist, sobald man diese Information mit anderen Informationen verknüpft (Hödl aaO Rz 12). Auch Erwägungsgrund 26 Satz 3 der DSGVO sieht vor, dass bei der Frage, ob es sich um eine identifizierbare Person handelt, alle Mittel berücksichtigt werden sollten, die von dem Verantwortlichen nach allgemeinem Ermessen wahrscheinlich genutzt werden, um die natürliche Person direkt oder indirekt zu identifizieren. Daraus geht hervor, dass ein vorliegender Personenbezug auch erst im Nachhinein entstehen kann, weil es bei der Feststellung, ob Mittel nach allgemeinem Ermessen wahrscheinlich zur Identifizierung der natürlichen Person genutzt werden, auf den Zeitpunkt der Verarbeitung ankommen soll und nicht den der Erhebung (Feiler/Forgó, EU-DSGVO [2016] Artikel 4, Rz 3). Dies steht mit der (bisherigen) zu Paragraph 16, ABGB indizierten Rechtsprechung im Einklang, wonach eine Videoaufzeichnung dann „identifizierend“ ist, wenn sie aufgrund eines oder mehrerer Merkmale letztlich einer bestimmten Person zugeordnet werden kann (RS0120422).

4. Die Legaldefinition der Verarbeitung in Artikel 4, Ziffer 2, DSVGO besteht aus einer allgemeinen Definition und einer demonstrativen Aufzählung unterschiedlicher Verarbeitungsarten. Verarbeitung ist dabei jeder mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführte Vorgang im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten oder jede solche Vorgangsreihe (Hödl in Knyrim, DatKomm Artikel 4, DSGVO Rz 27). In der demonstrativen Aufzählung finden sich unter anderem die Vorgänge des Erhebens und des Erfassens. Durch diese beiden Vorgänge gelangen Daten in den Verfügungsbereich des Verantwortlichen, wobei dabei aktive Handlungen gesetzt werden müssen. Eine inhaltliche Kenntnisnahme der Aufzeichnungen ist nicht erforderlich, wohl aber die Möglichkeit, inhaltlich Kenntnis zu nehmen. Unterschieden werden diese Vorgänge dadurch, dass das Erheben auf eine gezielte Beschaffung abstellt und das Erfassen eine kontinuierliche Aufzeichnung ist (Hödl aaO Rz 29).

Von einer automatisierten Verarbeitung spricht man, wenn sämtliche Verarbeitungsschritte ohne menschlich-manuelle Interaktion (etwa Tastatureingaben) programmgesteuert bzw elektronisch vorgenommen werden (Heißl in Knyrim, DatKomm Artikel 2, DSGVO Rz 49). Eine teilweise automatisierte Verarbeitung liegt dann vor, wenn zumindest einzelne Schritte der Verarbeitung maschinell oder programmgesteuert erfolgen. Denn von einer nichtautomatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten spricht man nur dann, wenn diese vollkommen ohne IT-Unterstützung erfolgt (Bergauer in Knyrim, Datenschutzverordnung – Das neue Datenschutzrecht in Österreich und der EU 44 f). Der erkennende Fachsenat hat bereits in der Entscheidung 6 Ob 131/18k ausgeführt, dass eine automatisierte Verarbeitung immer dann vorliegt, wenn Datenverarbeitungsanlagen zum Einsatz kommen, wobei unerheblich ist, ob die Dateien in irgendeiner Weise strukturiert abgespeichert sind; eine automatisierte Datenverarbeitung liege also vor, soweit der Einsatz der Datenverarbeitungsanlage zur Zugänglichkeit der Daten und zur Auswertung des Datenbestands beiträgt, wobei allerdings die rein manuelle Auswertung automatisch aufgezeichneter Daten diese Voraussetzung nicht erfülle. Damit führe jede Benutzung von Computer, Internet oder E-Mail zur Anwendbarkeit der Verordnung, sobald personenbezogene Daten involviert sind; der weite Begriff des Artikel 2, Absatz eins, DSGVO erfasse sämtliche heute gebräuchlichen rechnergestützten Verarbeitungen personenbezogener Daten.

Die genaue Unterscheidung zwischen automatisierter und teilweise automatisierter Verarbeitung personenbezogener Daten ist allerdings nicht notwendig, weil auf beide Arten die DSGVO anwendbar ist. Nur bei einer nichtautomatisierten Verarbeitung wäre weiter zu prüfen, ob die Daten in einem Dateisystem gespeichert werden oder gespeichert werden sollen (Bergauer aaO 45). Ein Dateisystem ist gemäß Artikel 4, Ziffer 6, DSGVO dabei jede strukturierte Sammlung personenbezogener Daten, die nach bestimmten Kriterien zugänglich sind, unabhängig davon, ob diese Sammlung zentral, dezentral oder nach funktionalen oder geografischen Gesichtspunkten geordnet geführt wird.

Beim Verantwortlichen nach der DSGVO handelt es sich um jene Person, welche dafür zu sorgen hat, dass deren Bestimmungen auch eingehalten werden. Er wird in Artikel 4, Ziffer 7, DSGVO dahin definiert, dass es sich dabei um diejenige Person handelt, welche allein oder gemeinsam mit anderen über die Mittel und Zwecke der Verarbeitung entscheidet. Er ist Adressat von Ansprüchen von betroffenen Personen (Hödl in Knyrim, DatKomm Artikel 4, DSGVO Rz 77).

5. Vor dem Hintergrund dieser Bestimmungen sind die Voraussetzungen zur Anwendbarkeit der DSGVO im vorliegenden Fall gegeben. Der Beklagte ist als Verantwortlicher anzusehen, weil er die Verfügungsgewalt über die Kamera hat und diese auch über sein Handy bedienen kann und somit bestimmt, wann welcher Bereich gefilmt wird. Beim Filmen werden Bilddaten aufgenommen, es liegt somit ein Erfassen vor. Bei den aufgenommenen Bilddaten handelt es sich um personenbezogene Daten, weil diese zumindest im Nachhinein einer bestimmten Person, nämlich dem Kläger bzw dessen Familie, zugeordnet werden können. Bei den Aufnahmen des Zugangswegs zu den Gärten kann der Kläger sogar unmittelbar durch die Aufnahme erkannt werden. Schließlich handelt es sich auch um eine (zumindest teil-)automatisierte Verarbeitung, weil der Beklagte eine Handyapplikation sowie die vorinstallierte Software für die Steuerung seiner Kamera verwendet.

Das Haushaltsprivileg des Artikel 2, Absatz 2, Litera c, DSGVO kommt hingegen nicht zur Anwendung: Der sachliche Anwendungsbereich der DSGVO ist nicht gegeben, wenn die Verarbeitung personenbezogener Daten durch natürliche Personen zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten erfolgt (Artikel 2, Absatz 2, Litera c, DSGVO). Dieses Privileg ist restriktiv auszulegen (Heißl in Knyrim, DatKomm Artikel 2, DSGVO Rz 64). Grundsätzlich fallen zwar auch private Foto- und Videoaufnahmen unter diese Ausnahme und wären somit nicht vom Anwendungsbereich der DSGVO umfasst. Sobald jedoch ein Kamerasystem nicht nur für familiäre Zwecke eingesetzt wird, sondern zum Beispiel zur Beweissicherung, dann greift dieses Haushaltsprivileg nicht (Heißl aaO Rz 69, EuGH C-212/13 [František Ryneš/Úřad pro ochranu osobních údajů]). Da im vorliegenden Fall – ähnlich dem der Entscheidung des EuGH C-212/13 zugrunde liegenden Fall – auch der öffentliche Zugangsweg zu den Gärten gefilmt wird, kommt eine Anwendung des Haushaltsprivilegs nicht in Betracht.

6. Gemäß Artikel 6, Absatz eins, Litera d, DSGVO ist die Verarbeitung von personenbezogenen Daten rechtmäßig, wenn lebenswichtige Interessen der betroffenen Person (hier: des Klägers) oder einer anderen natürlichen Person (hier: des Beklagten und dessen Ehefrau) geschützt werden. Dieser Rechtfertigungsgrund ist jedoch eng auszulegen; er erfasst lediglich die höchsten Rechtsgüter wie etwa die körperliche Unversehrtheit und das Leben (Kastelitz/Hötzendorfer/Tschohl in Knyrim, DatKomm Artikel 6, DSGVO Rz 44). Solche sind hier nicht betroffen.

Nach Artikel 6, Absatz eins, Litera f, DSGVO ist zu prüfen, ob die Verarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt. Dabei ist nach folgendem Prüfschema vorzugehen: Vorliegen eines berechtigten Interesses zur Verarbeitung, Erforderlichkeit der Verarbeitung zur Verwirklichung dieses Interesses und kein Überwiegen der Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person (ausführlich Kastelitz/Hötzendorfer/Tschohl in Knyrim, DatKomm Artikel 6, DSGVO Rz 51 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des EuGH). Zu dieser Abwägung der berührten Interessen der Streitteile vergleiche unter Punkt 7.2.

7. Das Datenschutzgesetz in der Fassung des Datenschutz-Anpassungsgesetzes 2018 (BGBl römisch eins 2018/120) enthält im Gegensatz zur DSGVO explizite Bestimmungen zur Bildverarbeitung, weshalb im Folgenden (auch) auf Paragraphen 12 und 13 DSG näher einzugehen ist vergleiche auch Knyrim, DatKomm Vorbemerkung Entwicklung des österreichischen DSG und aktuelle Rechtsentwicklung im Datenschutzrecht Rz 13).

7.1. Der Begriff der „Bildaufnahme“ gemäß Paragraph 12, DSG ist sehr weit gefasst und umfasst neben Videoanwendungen wie Action-Cams und Wildkameras (Pollirer/Weiss/Knyrim/Haidinger, DSG4 [2019] Paragraph 12, Anmerkung 1a) fast jede Bildaufnahme zur Feststellung von Ereignissen zu privaten Zwecken mit technischen Einrichtungen (Kastelitz/Hötzendorfer/Tschohl in Knyrim, DatKomm Artikel 6, DSGVO Rz 83). Dementsprechend wird auch in den Materialien (ErläutRV 1664 BlgNR 25. GP 14) ausgeführt, dass die neue Regelung darauf abzielt, grundsätzlich alle Bildaufnahmen durch Verantwortliche des privaten Bereichs diesen Bestimmungen unterliegen zu lassen, sofern diese nicht aufgrund von Artikel 2, Absatz 2, Litera c, DSGVO („Haushaltsausnahme“) vom Anwendungsbereich ausgenommen sind und auch nicht andere Gesetze hierzu Besonderes vorsehen. Die gegenständliche Überwachungskamera ist somit vom Anwendungsbereich umfasst.

7.2. Paragraph 12, DSG regelt die Zulässigkeitserfordernisse für eine Bildaufnahme. Dabei könnte hier lediglich der Zulässigkeitstatbestand des Paragraph 12, Absatz 2, Ziffer 4, DSG („wenn im Einzelfall überwiegende berechtigte Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten bestehen und die Verhältnismäßigkeit gegeben ist“) anwendbar sein.

7.2.1. In Paragraph 12, Absatz 3, DSG wird die Interessenabwägung bereits auf gesetzlicher Ebene für „quasi massenhaft auftretende Fallkonstellationen“ vorgenommen (Kastelitz/Hötzendorfer/Tschohl aaO Rz 85). Es sind dies (beispielhafte) Fälle, in denen die Bildaufnahme „insbesondere“ zulässig ist, wobei hier lediglich Paragraph 12, Absatz 3, Ziffer eins und 2 DSG Anwendung finden könnte.

Gemäß Paragraph 12, Absatz 3, Ziffer eins, DSG ist eine Bildaufnahme gemäß Paragraph 12, Absatz 2, Ziffer 4, DSG dann zulässig, wenn sie dem vorbeugenden Schutz von Personen oder Sachen auf privaten Liegenschaften, die ausschließlich vom Verantwortlichen genutzt werden, dient und räumlich nicht über die Liegenschaft hinausreicht, mit Ausnahme einer zur Zweckerreichung allenfalls unvermeidbaren Einbeziehung öffentlicher Verkehrsflächen. Dieser Zulässigkeitstatbestand ist hier jedoch nicht gegeben, weil der Beklagte über das „unvermeidliche“ Ausmaß hinaus einen Teil des öffentlichen Zugangswegs und zusätzlich noch einen (wenngleich kleinen) Teil des privaten Gartens der Lebensgefährtin des Klägers filmt.

Nach Paragraph 12, Absatz 3, Ziffer 2, DSG ist eine Bildaufnahme dann zulässig, wenn sie für den vorbeugenden Schutz von Personen oder Sachen an öffentlich zugänglichen Orten, die dem Hausrecht des Verantwortlichen unterliegen, aufgrund bereits erfolgter Rechtsverletzungen oder eines in der Natur des Orts liegenden besonderen Gefährdungspotenzials erforderlich ist. Als Beispiele werden in der Literatur Diebstähle und Sachbeschädigungen angeführt (Pollirer/Weiss/Knyrim/Haidinger aaO Paragraph 12, Anmerkung 10; Kastelitz/Hötzendorfer/Tschohl aaO Rz 85). Darunter würden zwar die von den Vorinstanzen festgestellten Beschädigungen der Thujen, des Essigbaums, des Fensterblechs und des Zauns des Beklagten durch den Kläger fallen und damit als Anlasstaten für eine Überwachung gemäß Paragraphen 12, Absatz 2, Ziffer 4, in Verbindung mit 12 Absatz 3, Ziffer 2, DSG angesehen werden können. Allerdings bedarf es auch in einem solchen Fall einer Verhältnismäßigkeitsprüfung für den konkreten Einzelfall vergleiche 6 Ob 256/12h ecolex 2013/222 [Hofmarcher] = ZIR 2013, 205 [Höhne] = EvBl 2013/104 [Karner; Schmidthuber, ÖJZ 2017, 211] = ÖBl 2013/56 [Büchele] = AnwBl 2013, 332 [Fischer, 476]).

7.2.2. Im Rahmen der somit zu erfolgenden Interessenabwägung ist auf jene Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu verweisen, wonach das Recht auf Achtung der Geheimsphäre als Persönlichkeitsrecht im Sinn des Paragraph 16, ABGB angesehen wird (RS0009003). Das Recht auf Wahrung der Geheimsphäre schützt sowohl gegen das Eindringen in die Privatsphäre der Person als auch gegen die Verbreitung rechtmäßiger erlangter Information über die Geheimsphäre (RS0009003 [T9]). Systematische, verdeckte, identifizierende Videoüberwachung stellt immer einen Eingriff in das geschützte Recht auf Achtung der Geheimsphäre dar (6 Ob 6/19d).

Einer Person darf nicht das Gefühl gegeben werden, dass sie jederzeit überwacht werden kann: Der Oberste Gerichtshof hielt dazu in der Entscheidung 6 Ob 2401/96y fest, dass es stets auf eine genaue Abwägung zwischen dem Interesse des Betroffenen auf Geheimhaltung und den Interessen des Handelnden auf der anderen Seite ankommt. Paragraph 16, ABGB umfasse genauso wie Artikel 8, EMRK den höchstpersönlichen Lebensbereich als Schutzbereich. Somit sei unter anderem auch das Leben in und mit der Familie umfasst (RS0122148), dies insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass gemäß Paragraph 16, ABGB jeder Mensch ein Recht auf Achtung seiner Geheimspähre hat (RS0009003). Dabei ist auf den Überwachungsdruck abzustellen, den der Überwachte empfindet, sodass es nicht darauf ankommt, wie die Kamera konkret eingestellt ist und wie scharf die Aufnahme tatsächlich ist (6 Ob 6/06k). In diesem Sinne wurde erst jüngst zu 3 Ob 195/17y (ErwGr 4.2) ausgesprochen, dass die dort konfigurierte Verpixelung von Teilen der von den Videokameras erfassten Bereiche außerhalb des Grundstücks der Beklagten nur am Bildschirm im Wohnzimmer der Beklagten in Erscheinung tritt und daher für einen unbefangenen, objektiven Betrachter von außen nicht erkennbar ist. Entscheidend ist, ob nach den Umständen des Falls die konkrete Befürchtung besteht, dass die Kamera jederzeit in Betrieb gesetzt werden könnte; die Eingriffsgefahr ist somit zu bejahen, wenn die konkrete Befürchtung besteht, die Beobachtung mit der Kamera könnte einsetzen (3 Ob 195/17y [ErwGr 2.2]). Abzustellen ist dabei auf den Eindruck, der sich für einen „unbefangenen, objektiven Betrachter“ bei Betrachtung der Kamera ergibt (6 Ob 231/16p).

Das Recht am eigenen Bild kann schon dann verletzt sein, wenn die Herstellung von Bildnissen einer Person in der Öffentlichkeit ohne Verbreitungsabsicht geschieht (RS0128659). Es darf dabei zwar nicht zu einer Überspannung des Schutzes der Persönlichkeitsrechte kommen, weil dies zu unerträglichen Einschränkungen der Interessen anderer und jener der Allgemeinheit führen würde (RS0008990). Jedoch gehört nach der Entscheidung 6 Ob 16/18y zu den Gründen, die eine private Videoüberwachung rechtfertigen, nicht die Erlangung von Beweismitteln in einem Zivilrechtsstreit (RS0132122).

7.2.3. Im vorliegenden Fall überwiegen die Interessen des Klägers auf Datenschutz und insbesondere seines Geheimhaltungsinteresses, weil der Beklagte den Zugangsweg zum Garten der Lebensgefährtin des Klägers überwacht und so jederzeit feststellen kann, wann der Kläger den Garten betritt vergleiche RS0107155 [T3, T4]; 6 Ob 6/06k). Insbesondere der Umstand, dass die Kamera auch den Garten der Lebensgefährtin des Klägers filmt, greift in dessen Geheimhaltungsinteresse ein vergleiche RS0107550). So wurde auch in der Entscheidung 6 Ob 6/06k festgehalten, dass das Interesse des Beklagten am Schutz seines Eigentums keine Überwachung des Grundstücks des Klägers erfordert, weil für die bezweckte Abschreckung die Überwachung des eigenen Grundstücks genügt.

Damit ist die Auffassung des Berufungsgerichts, die Überwachungsmaßnahme des Beklagten sei im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung überschießend, nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat kein berechtigtes Interesse zu erfahren, wann und wie oft der Kläger und dessen Familie den Zugangsweg und den Eckbereich des eigenen Gartens benützen; gerade insoweit besteht aber auch der durch die Anbringung der Kamera ausgelöste Überwachungsdruck. Hinzu kommt, dass die Videoüberwachung hinsichtlich eines Teils der festgestellten Handlungen tatsächlich auch nicht geeignet ist, Störungshandlungen zu unterbinden (zB hinsichtlich Belästigungen beim Spazierengehen), teilweise erscheint sie bei Betrachtung der erfolgten Handlungen auch als Reaktion unverhältnismäßig (zB hinsichtlich des Durchzwickens eines Kabelbinders).

Der Revision des Beklagten war somit ein Erfolg zu versagen.

8. Auch auf die Argumentation des Beklagten in seiner Revision, bei der angeordneten Beseitigung der Kamera handle es sich nicht um das gelindeste Mittel, könnte doch der Zweck auch in Form eines Unmöglichmachens des Filmens des Wegs und des anderen Gartens durch eine Verblendung der Kamera erreicht werden, braucht nicht näher eingegangen zu werden. Diese Einrede hätte der Beklagte bereits im Verfahren erheben müssen vergleiche RS0108589; RS0042025). Die nunmehr erhobene Einrede verstößt somit gegen das Neuerungsverbot des Paragraph 504, Absatz 2, ZPO und ist nicht zu beachten.

9. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf Paragraphen 41,, 50 ZPO.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2019:0060OB00150.19F.1127.000


 

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Rechtssatz

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Rechtssatznummer

RS0107550

Geschäftszahl

7Ob89/97g; 7Ob150/97b; 6Ob231/16p; 3Ob195/17y; 6Ob150/19f

Entscheidungsdatum

27.11.2019

Norm

ABGB §16

Rechtssatz

Der Anspruch des Nachbarn, eine auf sein Grundstück gerichtete, nicht betriebsbereite Überwachungskamera so einzustellen, dass hievon sein Grundstück nicht umfasst ist, ist berechtigt, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass die Überwachungskamera unbemerkt in Betrieb gesetzt werden könnte.

Entscheidungstexte

  • 7 Ob 89/97g
    Entscheidungstext OGH 14.05.1997 7 Ob 89/97g
  • 7 Ob 150/97b
    Entscheidungstext OGH 23.07.1997 7 Ob 150/97b
    Auch; Beisatz: Setzt als selbstverständlich Handlungsfähigkeit des auf Unterlassung Belangten voraus. (T1)
  • 6 Ob 231/16p
    Entscheidungstext OGH 29.03.2017 6 Ob 231/16p
    Auch
  • 3 Ob 195/17y
    Entscheidungstext OGH 21.03.2018 3 Ob 195/17y
    Auch; Beisatz: Hier: Verpixelung. (T2)
  • 6 Ob 150/19f
    Entscheidungstext OGH 27.11.2019 6 Ob 150/19f
    Beisatz: Es ist auf den Überwachungsdruck abzustellen, den der Überwachte empfindet, sodass es nicht darauf ankommt, wie die Kamera konkret eingestellt ist und wie scharf die Aufnahme tatsächlich ist. Abzustellen ist dabei auf den Eindruck, der sich für einen „unbefangenen, objektiven Betrachter“ bei Betrachtung der Kamera ergibt. (T3)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1997:RS0107550

Im RIS seit

15.06.1997

Zuletzt aktualisiert am

23.01.2020

Dokumentnummer

JJR_19970514_OGH0002_0070OB00089_97G0000_001

Rechtssatz für 6Ob131/18k 6Ob150/19f

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Rechtssatz

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Rechtssatznummer

RS0132574

Geschäftszahl

6Ob131/18k; 6Ob150/19f

Entscheidungsdatum

27.11.2019

Norm

DSGVO Art2 Abs2
DSG 2000 §4 Abs1

Rechtssatz

Eine automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten liegt immer dann vor, wenn Datenverarbeitungsanlagen zum Einsatz kommen, wobei es unerheblich ist, ob die Dateien in irgendeiner Weise strukturiert abgespeichert sind.

Entscheidungstexte

  • 6 Ob 131/18k
    Entscheidungstext OGH 20.12.2018 6 Ob 131/18k
    Beisatz: Damit führt jede Benutzung von Computer, Internet oder E-Mail zur Anwendbarkeit der Verordnung. (T1)
  • 6 Ob 150/19f
    Entscheidungstext OGH 27.11.2019 6 Ob 150/19f
    Beisatz: Von einer automatisierten Verarbeitung spricht man, wenn sämtliche Verarbeitungsschritte ohne menschlich-manuelle Interaktion (etwa Tastatureingaben) programmgesteuert bzw elektronisch vorgenommen werden. Eine teilweise automatisierte Verarbeitung liegt dann vor, wenn zumindest einzelne Schritte der Verarbeitung maschinell oder programmgesteuert erfolgen. Denn von einer nichtautomatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten spricht man nur dann, wenn diese vollkommen ohne IT‑Unterstützung erfolgt. (T2)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:RS0132574

Im RIS seit

04.06.2019

Zuletzt aktualisiert am

23.01.2020

Dokumentnummer

JJR_20181220_OGH0002_0060OB00131_18K0000_001

Rechtssatz für 6Ob150/19f

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Rechtssatz

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Rechtssatznummer

RS0132956

Geschäftszahl

6Ob150/19f

Entscheidungsdatum

27.11.2019

Norm

ESGVO Art4 Z2

Rechtssatz

In der demonstrativen Aufzählung zur Definition des Begriffs der Verarbeitung finden sich unter anderem die Vorgänge des Erhebens und des Erfassens. Durch diese beiden Vorgänge gelangen Daten in den Verfügungsbereich des Verantwortlichen, wobei dabei aktive Handlungen gesetzt werden müssen. Eine inhaltliche Kenntnisnahme der Aufzeichnungen ist nicht erforderlich, wohl aber die Möglichkeit, inhaltlich Kenntnis zu nehmen. Unterschieden werden diese Vorgänge dadurch, dass das Erheben auf eine gezielte Beschaffung abstellt und das Erfassen eine kontinuierliche Aufzeichnung ist.

Entscheidungstexte

  • 6 Ob 150/19f
    Entscheidungstext OGH 27.11.2019 6 Ob 150/19f

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:RS0132956

Im RIS seit

25.02.2020

Zuletzt aktualisiert am

25.02.2020

Dokumentnummer

JJR_20191127_OGH0002_0060OB00150_19F0000_001

Rechtssatz für 6Ob150/19f

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Rechtssatz

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Rechtssatznummer

RS0132957

Geschäftszahl

6Ob150/19f

Entscheidungsdatum

27.11.2019

Norm

DSG 2000 §12

Rechtssatz

Der Begriff der „Bildaufnahme“ gemäß Paragraph 12, DSG ist sehr weit gefasst und umfasst neben Videoanwendungen wie Action-Cams und Wildkameras fast jede Bildaufnahme zur Feststellung von Ereignissen zu privaten Zwecken mit technischen Einrichtungen.

Entscheidungstexte

  • 6 Ob 150/19f
    Entscheidungstext OGH 27.11.2019 6 Ob 150/19f
    Beisatz: Beim Zulässigkeitstatbestand des § 12 Abs 3 Z 2 DSG ist stets eine Verhältnismäßigkeitsprüfung im konkreten Einzelfall durchzuführen. (T1)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:RS0132957

Im RIS seit

25.02.2020

Zuletzt aktualisiert am

25.02.2020

Dokumentnummer

JJR_20191127_OGH0002_0060OB00150_19F0000_002

Rechtssatz für 8Ob108/05y 4Ob52/06k 6O…

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Rechtssatz

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Rechtssatznummer

RS0120422

Geschäftszahl

8Ob108/05y; 4Ob52/06k; 6Ob6/06k; 4Ob70/07h; 8Ob125/11g; 6Ob256/12h; 6Ob38/13a; 8Ob115/13i; 10Ob57/14a; 3Ob195/17y; 6Ob6/19d; 6Ob150/19f; 1Ob1/20h; 6Ob206/19s

Entscheidungsdatum

20.05.2020

Norm

ABGB §16

Rechtssatz

Systematische, verdeckte, identifizierende Videoüberwachung stellt immer einen Eingriff in das geschützte Recht auf Achtung der Geheimsphäre dar. Die Videoaufzeichnung ist identifizierend, wenn sie auf Grund eines oder mehrere Merkmale letztlich einer bestimmten Person zugeordnet werden kann.

Entscheidungstexte

  • 8 Ob 108/05y
    Entscheidungstext OGH 19.12.2005 8 Ob 108/05y
    Veröff: SZ 2005/185
  • 4 Ob 52/06k
    Entscheidungstext OGH 19.12.2006 4 Ob 52/06k
    Beisatz: Dieser Eingriff könne zwar bei einem legitimen Informationsinteresse des Auftraggebers gerechtfertigt sein, wenn die Videoüberwachung auch das schonendste Mittel zur Erreichung des angestrebten Zwecks ist. Hier ist nicht ersichtlich, weshalb bei Verdacht auf Eheverfehlung nicht auch eine Beobachtung durch einen Detektiv ausgereicht hätte. (T1)
  • 6 Ob 6/06k
    Entscheidungstext OGH 28.03.2007 6 Ob 6/06k
    Vgl auch; Beisatz: Hier: Musste sich der Kläger immer kontrolliert fühlen, wenn er sein Haus betritt oder verlässt oder sich in seinem Garten aufhält, so bewirkten die mit Einverständnis des Beklagten getroffenen Maßnahmen, selbst wenn das Gerät nur eine Attrappe einer Videokamera gewesen sein sollte, eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Privatsphäre (Geheimsphäre) des Klägers. (T2) Beisatz: Hier: Das Interesse des Beklagten am Schutz seines Eigentums erfordert keine Überwachung des Grundstücks des Klägers, für die bezweckte Abschreckung genügt die Überwachung des eigenen Grundstücks. (T3)
    Veröff: SZ 2019/59
  • 4 Ob 70/07h
    Entscheidungstext OGH 22.05.2007 4 Ob 70/07h
    Auch; Beis wie T1
  • 8 Ob 125/11g
    Entscheidungstext OGH 20.01.2012 8 Ob 125/11g
    Vgl auch; Beis ähnlich wie T2
    Veröff: SZ 2012/10
  • 6 Ob 256/12h
    Entscheidungstext OGH 27.02.2013 6 Ob 256/12h
    Vgl auch; Beisatz: Das Recht am eigenen Bild stellt eine besondere Erscheinungsform des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar. Daher kann bereits die Herstellung eines Bildnisses ohne Einwilligung des Abgebildeten einen unzulässigen Eingriff in dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht darstellen. (T4)
    Veröff: SZ 2013/25
  • 6 Ob 38/13a
    Entscheidungstext OGH 04.07.2013 6 Ob 38/13a
    Auch; Beis ähnlich wie T2; Beisatz: Eine Videoüberwachung ist in datenschutzrechtlicher Sicht grundsätzlich nur dann relevant, wenn sie für die Überwachung und somit zur Kontrolle von Menschen eingesetzt wird. (T5)
    Beisatz: Hier: Überwachung des Dachbereichs eines Hauses. (T6)
  • 8 Ob 115/13i
    Entscheidungstext OGH 29.11.2013 8 Ob 115/13i
    Auch; Beis wie T1
  • 10 Ob 57/14a
    Entscheidungstext OGH 21.10.2014 10 Ob 57/14a
    Auch
  • 3 Ob 195/17y
    Entscheidungstext OGH 21.03.2018 3 Ob 195/17y
    Auch; Beis wie T2
  • 6 Ob 6/19d
    Entscheidungstext OGH 27.06.2019 6 Ob 6/19d
    Auch; Beisatz: Systematische, verdeckte, identifizierende Videoüberwachung stellt immer einen Eingriff in das geschützte Recht auf Achtung der Geheimsphäre dar. (T7)
  • 6 Ob 150/19f
    Entscheidungstext OGH 27.11.2019 6 Ob 150/19f
  • 1 Ob 1/20h
    Entscheidungstext OGH 20.01.2020 1 Ob 1/20h
    Vgl; Beis wie T1; Beisatz: Überwachungsmaßnahmen zur Aufdeckung eines ehestörenden Verhaltens sind nur ausnahmsweise gerechtfertigt, wenn es sich um das schonendste Mittel zur Erreichung des angestrebten Zwecks handelt. (T8)
    Beisatz: Hier: Recht auf das eigene Wort; keine Rechtfertigung für Tonaufnahmen ehelicher Streitgespräche mit dem Handy. (T9)
  • 6 Ob 206/19s
    Entscheidungstext OGH 20.05.2020 6 Ob 206/19s

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2005:RS0120422

Im RIS seit

18.01.2006

Zuletzt aktualisiert am

04.10.2021

Dokumentnummer

JJR_20051219_OGH0002_0080OB00108_05Y0000_001

Rechtssatz für 6Ob256/12h 3Ob197/13m 6…

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Rechtssatz

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Rechtssatznummer

RS0128659

Geschäftszahl

6Ob256/12h; 3Ob197/13m; 6Ob6/19d; 6Ob150/19f; 6Ob238/19x; 6Ob236/19b; 6Ob176/19d; 6Ob16/21b

Entscheidungsdatum

18.02.2021

Norm

ABGB §16
UrhG §78

Rechtssatz

Das Recht am eigenen Bild stellt eine besondere Erscheinungsform des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar. Daher kann bereits die Herstellung eines Bildnisses ohne Einwilligung des Abgebildeten einen unzulässigen Eingriff in dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht darstellen. Dabei wird das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen nicht nur dann verletzt, wenn Abbildungen einer Person in deren privatem Bereich angefertigt werden, um diese der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Vielmehr kann auch die Herstellung von Bildnissen einer Person in der Öffentlichkeit zugänglichen Bereichen und ohne Verbreitungsabsicht einen unzulässigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen darstellen.

Entscheidungstexte

  • 6 Ob 256/12h
    Entscheidungstext OGH 27.02.2013 6 Ob 256/12h
    Beisatz: Dabei bedarf es allerdings ‑ wie stets bei der Ermittlung von Umfang und Grenzen von Persönlichkeitsrechten ‑ einer umfassenden Güter‑ und Interessenabwägung im Einzelfall. (T1)
    Veröff: SZ 2013/25
  • 3 Ob 197/13m
    Entscheidungstext OGH 22.01.2014 3 Ob 197/13m
    Vgl auch; Beisatz: Daraus kann aber nur ein Unterlassungsanspruch gegen den in das Recht Eingreifenden (hier: Detektei) abgeleitet werden, nicht hingegen ein Anspruch gegen diesen, seinen Auftraggeber bekannt zu geben. (T2)
  • 6 Ob 6/19d
    Entscheidungstext OGH 27.06.2019 6 Ob 6/19d
    Vgl; Beisatz: Hier: Zum Filmen eines Polizeibeamten bei einer Amtshandlung: Die Staatsgewalt muss bei einem hoheitlichen Einsatz mit Zwangsgewalt akzeptieren, dass diese Vorgänge festgehalten werden, zumal dadurch auch ein gewisser präventiver Effekt gegen allfällige rechtswidrige Übergriffe erreicht wird. (T3); Veröff: SZ 2019/59
  • 6 Ob 150/19f
    Entscheidungstext OGH 27.11.2019 6 Ob 150/19f
    Vgl
  • 6 Ob 238/19x
    Entscheidungstext OGH 19.12.2019 6 Ob 238/19x
    nur: Das Recht am eigenen Bild stellt eine besondere Erscheinungsform des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar. (T4)
    Beis wie T1
  • 6 Ob 236/19b
    Entscheidungstext OGH 23.01.2020 6 Ob 236/19b
    Beisatz: Hier: Verdeckte Filmaufnahme eines Gesprächs zwischen einem Politiker und einer vermeintlichen reichen Ausländerin. (T5)
  • 6 Ob 176/19d
    Entscheidungstext OGH 25.03.2020 6 Ob 176/19d
    Vgl; Beis wie T1
  • 6 Ob 16/21b
    Entscheidungstext OGH 18.02.2021 6 Ob 16/21b
    Vgl; Beisatz: Hier: Großteils heimlich angefertigte Aufnahmen mit dem Handy im privaten Wohnbereich. (T6)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2013:RS0128659

Im RIS seit

03.05.2013

Zuletzt aktualisiert am

04.10.2021

Dokumentnummer

JJR_20130227_OGH0002_0060OB00256_12H0000_001

Rechtssatz für 6Ob131/18k; …

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Rechtssatz

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Rechtssatznummer

RS0132579

Geschäftszahl

6Ob131/18k; 6Ob150/19f; 6Ob56/21k

Entscheidungsdatum

23.06.2021

Norm

DSGVO Art2 Abs2 litc

Rechtssatz

Entscheidend für die in Artikel 2, Absatz 2, Litera c, DSGVO normierte Ausnahme vom Anwendungsbereich der DSGVO („household exemption“) ist, dass der Datenumgang im privaten Aktionskreis stattfindet. Öffentlich sichtbare Datensammlung sind nicht aufgrund der household exemption ausgenommen. Der persönlich-familiäre Bereich ist zB überschritten, wenn ein Ehegatte E-Mail-Verkehr oder Chatprotokolle des anderen Ehegatten in einem die gemeinsamen Kinder betreffenden Pflegschaftsverfahren in Form von Ausdrucken dem Pflegschaftsgericht zur Verfügung stellt.

Entscheidungstexte

  • 6 Ob 131/18k
    Entscheidungstext OGH 20.12.2018 6 Ob 131/18k
  • 6 Ob 150/19f
    Entscheidungstext OGH 27.11.2019 6 Ob 150/19f
    Beisatz: Das Haushaltsprivileg ist restriktiv auszulegen. (T1)
    Beisatz: Grundsätzlich fallen zwar auch private Foto- und Videoaufnahmen unter die Haushaltsausnahme. Sobald jedoch ein Kamerasystem nicht nur für familiäre Zwecke eingesetzt wird, sondern zum Beispiel zur Beweissicherung, dann greift dieses Haushaltsprivileg nicht. (T2)
  • 6 Ob 56/21k
    Entscheidungstext OGH 23.06.2021 6 Ob 56/21k
    vgl; Beisatz wie T1
    Beisatz: Von der DSGVO wird auch die gemischte Verwendung (privat und beruflich) erfasst. (T3)
    Beisatz: Die Nutzung sozialer Netze und Online‑Tätigkeit fällt nur unter die Haushaltsausnahme, wenn diese auf einen bestimmten Benutzerkreis eingeschränkt wird. Entscheidend ist somit, ob der potentiell zugriffsfähige Personenkreis von Vornherein absehbar ist und nicht etwa durch Teilen exponentiell vergrößert werden könnte. (T4)
    Anm: Veröff: SZ 2021/59

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:RS0132579

Im RIS seit

04.06.2019

Zuletzt aktualisiert am

11.05.2023

Dokumentnummer

JJR_20181220_OGH0002_0060OB00131_18K0000_006

Rechtssatz für 6Ob2401/96y 7Ob89/97g 6…

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Rechtssatz

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Rechtssatznummer

RS0107155

Geschäftszahl

6Ob2401/96y; 7Ob89/97g; 6Ob6/06k; 8Ob125/11g; 6Ob256/12h; 6Ob38/13a; 5Ob69/13b; 8Ob47/14s; 10Ob57/14a; 6Ob231/16p; 3Ob195/17y; 6Ob6/19d; 6Ob150/19f; 6Ob236/19b; 6Ob36/22w

Entscheidungsdatum

06.04.2022

Norm

ABGB §16
MRK Art8 IV3a

Rechtssatz

Geheime Bildaufnahmen im Privatbereich, fortdauernde unerwünschte Überwachungen und Verfolgungen stellen eine Verletzung der Geheimsphäre dar. Der Schutz der Privatsphäre eines Mieters vor solchen Maßnahmen endet auch nicht an der inneren Wohnungstüre, es ist ihm durchaus ein berechtigtes Interesse daran zuzubilligen, dass das Betreten oder Verlassen der Wohnung durch ihn, seine Mitbewohner oder Gäste nicht lückenlos überwacht und aufgezeichnet wird. Dem Hauseigentümer hingegen ist nicht nur zum Schutz seiner eigenen Person, wenn er selbst eine Wohnung in dem Miethaus bewohnt, sondern auch zum Schutz seines Eigentums und seiner Mieter ein berechtigtes Interesse an größtmöglicher Sicherheit vor unbefugtem Eindringen und vor Sachbeschädigungen zuzubilligen.

Entscheidungstexte

  • 6 Ob 2401/96y
    Entscheidungstext OGH 30.01.1997 6 Ob 2401/96y
    Veröff: SZ 70/18
  • 7 Ob 89/97g
    Entscheidungstext OGH 14.05.1997 7 Ob 89/97g
    nur: Geheime Bildaufnahmen im Privatbereich, fortdauernde unerwünschte Überwachungen und Verfolgungen stellen eine Verletzung der Geheimsphäre dar. Der Schutz der Privatsphäre eines Mieters vor solchen Maßnahmen endet auch nicht an der inneren Wohnungstüre, es ist ihm durchaus ein berechtigtes Interesse daran zuzubilligen, dass das Betreten oder Verlassen der Wohnung durch ihn, seine Mitbewohner oder Gäste nicht lückenlos überwacht und aufgezeichnet wird. (T1)
  • 6 Ob 6/06k
    Entscheidungstext OGH 28.03.2007 6 Ob 6/06k
    Auch; nur: Geheime Bildaufnahmen im Privatbereich, fortdauernde unerwünschte Überwachungen und Verfolgungen stellen eine Verletzung der Geheimsphäre dar. (T2)
    Beisatz: Hier: Musste sich der Kläger immer kontrolliert fühlen, wenn er sein Haus betritt oder verlässt oder sich in seinem Garten aufhält, so bewirkten die mit Einverständnis des Beklagten getroffenen Maßnahmen, selbst wenn das Gerät nur eine Attrappe einer Videokamera gewesen sein sollte, eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Privatsphäre (Geheimsphäre) des Klägers. (T3)
  • 8 Ob 125/11g
    Entscheidungstext OGH 20.01.2012 8 Ob 125/11g
    Auch; nur: Den Mietern ist ein berechtigtes Interesse daran zuzubilligen, dass das Betreten oder Verlassen der Wohnung durch ihn, seine Mitbewohner oder Gäste nicht überwacht oder aufgezeichnet wird. (T4)
    Beisatz: Hier: Montage einer Videokameraattrappe. (T5)
    Veröff: SZ 2012/10
  • 6 Ob 256/12h
    Entscheidungstext OGH 27.02.2013 6 Ob 256/12h
    Vgl auch; Beisatz: Das Recht am eigenen Bild stellt eine besondere Erscheinungsform des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar. Daher kann bereits die Herstellung eines Bildnisses ohne Einwilligung des Abgebildeten einen unzulässigen Eingriff in dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht darstellen. (T6)
    Veröff: SZ 2013/25
  • 6 Ob 38/13a
    Entscheidungstext OGH 04.07.2013 6 Ob 38/13a
    nur T2; Beisatz: Hier: Überwachung des Dachbereichs eines Hauses. (T7)
  • 5 Ob 69/13b
    Entscheidungstext OGH 17.12.2013 5 Ob 69/13b
    Auch
  • 8 Ob 47/14s
    Entscheidungstext OGH 26.06.2014 8 Ob 47/14s
    Vgl; Beis wie T5
    Beisatz: Im Zusammenhang mit Videokameras bzw (nicht als solche erkennbaren) Videokameraattrappen ist entscheidend, dass Hausbewohner durch vermeintliche Überwachungsmaßnahmen nicht gestört oder belästigt werden. In dieser Hinsicht müssen deren Persönlichkeitsrechte beachtet und Beeinträchtigungen der Privatsphäre verhindert werden. Auch der durch eine Videokameraattrappe geschaffene Überwachungsdruck auf einen Hausbewohner ist als Eingriff in die Privatsphäre zu beurteilen. Muss sich ein anderer Hausbewohner immer kontrolliert fühlen, wenn er das Haus betritt oder verlässt oder sich in seinem Garten aufhält, so bewirken Überwachungsmaßnahmen, selbst wenn das Gerät nur eine Attrappe einer Videokamera sein sollte, eine Beeinträchtigung der Privatsphäre. Für Nachbarn bzw andere Mieter darf daher nicht der Eindruck des Überwachtwerdens im Sinn systematischer, identifizierender Überwachungsmaßnahmen entstehen. Den anderen Mietern ist ein berechtigtes Interesse daran zuzubilligen, dass das Betreten oder Verlassen ihrer Wohnung durch sie selbst, ihre Mitbewohner oder Gäste nicht überwacht bzw aufgezeichnet wird. Können diese Personen etwa durch den Standort oder die Ausrichtung einer Videokamera oder einer (nicht als solche erkennbaren) Videokameraattrappe die berechtigte Befürchtung haben, dass sie sich im Überwachungsbereich befinden und von den Aufnahmen bzw Aufzeichnungen erfasst sind, so ist ein Eingriff in die Privatsphäre grundsätzlich zu bejahen. In diesem Fall hat eine Interessenabwägung stattzufinden. (T8)
  • 10 Ob 57/14a
    Entscheidungstext OGH 21.10.2014 10 Ob 57/14a
    Auch; Beis wie T3; nur T4; Beis wie T8; Beisatz: Zur Abwehr unzulässiger Überwachungsmaßnahmen ist auch eine Eigentümerin aktiv legitimiert, die ihre Liegenschaft nicht selbst nutzt, gerade wenn diese bisher vermietet war und sie sie in Zukunft erneut vermieten möchte. (T9)
  • 6 Ob 231/16p
    Entscheidungstext OGH 29.03.2017 6 Ob 231/16p
    Auch; Beis wie T2 nur: Geheime Bildaufnahmen im Privatbereich und fortdauernde unerwünschte Überwachungen stellen eine Verletzung der Geheimsphäre dar. (T10)
    Beisatz wie T9 Zur Abwehr unzulässiger Überwachungsmaßnahmen ist auch eine Eigentümerin aktiv legitimiert, die ihre Liegenschaft nicht selbst nutzt, gerade wenn diese bisher vermietet war und sie sie in Zukunft erneut vermieten möchte. (T9)
    Beisatz: Einem Liegenschaftseigentümer ist ein Klagerecht auch primär im Interesse der Nutzer (Mieter, Dienstnehmer) der Liegenschaft eingeräumt. Dabei ist es nicht von Bedeutung, ob es sich beim Eigentümer um eine natürliche oder juristische Person handelt, geht es doch um den Schutz der betroffenen natürlichen Personen. (T11)
  • 3 Ob 195/17y
    Entscheidungstext OGH 21.03.2018 3 Ob 195/17y
    Vgl; Beis wie T10
  • 6 Ob 6/19d
    Entscheidungstext OGH 27.06.2019 6 Ob 6/19d
    Auch; nur T2; Beisatz: Es darf nicht der Eindruck des Überwachtwerdens im Sinn systematischer, identifizierender Überwachungsmaßnahmen entstehen. (T12)
    Veröff: SZ 2019/59
  • 6 Ob 150/19f
    Entscheidungstext OGH 27.11.2019 6 Ob 150/19f
    Vgl; nur T4; Beis wie T3
  • 6 Ob 236/19b
    Entscheidungstext OGH 23.01.2020 6 Ob 236/19b
    Vgl; Beis wie T10; Beisatz: Hier: Verdeckte Filmaufnahme eines Gesprächs zwischen einem Politiker und einer vermeintlichen reichen Ausländerin. (T13)
  • 6 Ob 36/22w
    Entscheidungstext OGH 06.04.2022 6 Ob 36/22w
    Vgl; nur T2; Beis wie T5; Beis ähnlich wie T3; Beis ähnlich wie T8; Beisatz: Grundvoraussetzung eines darauf gestützten Unterlassungsanspruchs ist allerdings in allen Fällen, dass sich für einen „unbefangenen, objektiven Betrachter“ der Eindruck einer Überwachung ergeben kann. (T14)
    Beisatz: Hier: „Smart Meter“. (T15)

Schlagworte

Privatsphäre, Geheimsphäre

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1997:RS0107155

Im RIS seit

15.06.1997

Zuletzt aktualisiert am

20.06.2022

Dokumentnummer

JJR_19970130_OGH0002_0060OB02401_96Y0000_001

Rechtssatz für 6Ob16/18y 6Ob150/19f 7O…

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Rechtssatz

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Rechtssatznummer

RS0132122

Geschäftszahl

6Ob16/18y; 6Ob150/19f; 7Ob121/22b

Entscheidungsdatum

24.08.2022

Norm

ZPO §274
DSG 2000 §50a Abs1
DSG 2000 §50a Abs2
EO §78
EO §382b
EO §382c
EO §402 Abs4
DSGVO allg

Rechtssatz

Eine Videoüberwachung zu anderen als den in Paragraph 50 a, Absatz 2, DSG genannten Zwecken ist unzulässig, sofern nicht materiengesetzliche Sonderregelungen bestehen. Die Zulässigkeit einer Videoüberwachung zur Erlangung von Beweismitteln in einem Zivilrechtsstreit ist aber in einem anderen Gesetz nicht normiert. Eine Beweissicherung iSd Paragraph 50 a, Absatz 2, DSG ist ein rechtmäßiger Zweck einer Videoüberwachung, wenn sie mit einem der in dieser Gesetzesstelle genannten Zwecke (Schutz des überwachten Objekts; Schutz der überwachten Person; Erfüllung rechtlicher Sorgfaltspflichten) verbunden ist und ein Betroffener durch die Videoüberwachung nicht in seinen schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen verletzt ist. Dieses Ergebnis ist auch der Prüfung, ob eine Videoüberwachung eine Persönlichkeitsverletzung verwirklicht, zugrunde zu legen.

Entscheidungstexte

  • 6 Ob 16/18y
    Entscheidungstext OGH 24.05.2018 6 Ob 16/18y
  • 6 Ob 150/19f
    Entscheidungstext OGH 27.11.2019 6 Ob 150/19f
    Vgl
  • 7 Ob 121/22b
    Entscheidungstext OGH 24.08.2022 7 Ob 121/22b
    Verwertung eines „Tatvideos“ und daraus hergestellte Standbilder im Provisorialverfahren zulässig. (T1)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:RS0132122

Im RIS seit

13.08.2018

Zuletzt aktualisiert am

19.10.2022

Dokumentnummer

JJR_20180524_OGH0002_0060OB00016_18Y0000_002

Rechtssatz für 6ObA1/18t; …

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Rechtssatz

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Rechtssatznummer

RS0132655

Geschäftszahl

6ObA1/18t; 6Ob150/19f; 6Ob127/20z; 6Ob36/22w; 6Ob19/23x; 6Ob206/23x

Entscheidungsdatum

20.12.2023

Norm

DSGVO Art4 Z1

Rechtssatz

Geschützt werden durch die DSGVO alle Arten von personenbezogenen Daten. Der Begriff der personenbezogenen Daten ist dabei weit zu verstehen.

Entscheidungstexte

  • 6 ObA 1/18t
    Entscheidungstext OGH 23.05.2019 6 ObA 1/18t
    Beisatz: Hier: Die in E-Mails und Honorarnoten enthaltenen Informationen, die sich eindeutig auf eine identifizierte Person beziehen, sind jedenfalls als personenbezogen anzusehen. Der Begriff der personenbezogenen Daten ist allerdings weit zu verstehen, weshalb auch die Ordnerstruktur des privaten Ordners darunter fällt; auch diese Datei kann durch die Namen der einzelnen (Unter‑)Ordner dem Kläger zugeordnet werden. (T1)
  • 6 Ob 150/19f
    Entscheidungstext OGH 27.11.2019 6 Ob 150/19f
    Beisatz: Beim äußeren Erscheinungsbild handelt es sich dann um ein personenbezogenes Datum, wenn diese Information in eine verarbeitbare Darstellung gebracht wird. Im Fall von Bilddaten muss die abgebildete Person zumindest erkennbar sein; dafür reicht es auch aus, dass die Betroffenen im Nachhinein bestimmbar sind. Außerdem ist eine Identifikation einer Person möglich, wenn zwar die Information für sich genommen nicht ausreicht, um sie einer Person zuzuordnen, jedoch dies möglich ist, sobald man diese Information mit anderen Informationen verknüpft. (T2)
  • 6 Ob 127/20z
    Entscheidungstext OGH 18.02.2021 6 Ob 127/20z
    Beisatz: Auch innere Zustände wie Meinungen, Motive, Wünsche, Überzeugungen und Werturteile sowie statistische Wahrscheinlichkeitsaussagen, die nicht bloße Prognose- oder Planungswerte darstellen, sondern subjektive und/oder objektive Einschätzungen zu einer identifizierten oder identifizierbaren Person liefern, weisen einen Personenbezug auf. Damit umfasst der Begriff der „Information“ nicht nur Aussagen zu überprüfbaren Eigenschaften oder sachlichen Verhältnissen der betroffenen Person, sondern auch Einschätzungen und Urteile über sie. (T3)
    Beisatz: Daten mit Bezug zu einer Person sind auch dann personenbezogen, wenn sie unzutreffend sind; der Wahrheitsgehalt ist für die Betrachtung unerheblich. (T4)
    Beisatz: Aggregierte oder statistische Daten sind dann nicht personenbezogen, wenn sie keine Rückschlüsse mehr auf eine einzelne Person zulassen, was im Einzelfall anhand der gewählten Gruppengröße, des Aggregationsniveaus oder der in der Statistik ausgewiesenen Merkmale zu beurteilen ist. (T5)
    Anm: Veröff: SZ 2021/10
  • 6 Ob 36/22w
    Entscheidungstext OGH 06.04.2022 6 Ob 36/22w
    Vgl; Beisatz: Hier: Über eine (digitale) Messeinrichtung („Smart Meter“) übertragene Informationen über den Stromverbrauch des Klägers innerhalb eines bestimmten (regelmäßig jährlichen, im Fall einer Vertragsbeendigung auch kürzeren) Zeitraums. (T6)
  • 6 Ob 19/23x
    Entscheidungstext OGH Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung) 24.03.2023 6 Ob 19/23x
    vgl; Beisatz wie T3
  • 6 Ob 206/23x
    Entscheidungstext OGH Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage 20.12.2023 6 Ob 206/23x
    vgl; Beisatz wie T2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:RS0132655

Im RIS seit

29.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

15.02.2024

Dokumentnummer

JJR_20190523_OGH0002_006OBA00001_18T0000_001

Entscheidungstext 6Ob150/19f

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Fundstelle

Thiele, jusIT 2020/23 S 69 – Thiele, jusIT 2020,69 = jusIT 2020/24 S 75 (Thiele) – jusIT 2020,75 (Thiele) = ImmoZak 2020/12 S 23 (Prader) – ImmoZak 2020,23 (Prader) = immolex 2020/59 S 194 (Löffler) – immolex 2020,194 (Löffler) = MR 2020,138 (Wittmann) = EvBl 2020/103 S 732 (Gruber) – EvBl 2020,732 (Gruber) = Dako 2021/10 S 19 – Dako 2021,19 ‑ Dome‑Kamera des Nachbarn

Geschäftszahl

6Ob150/19f

Entscheidungsdatum

27.11.2019

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek, Dr. Nowotny sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Dr. Anita Weich, Rechtsanwältin in Salzburg, gegen die beklagte Partei R*****, vertreten durch Dr. Kurt Kozák, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Leistung und Unterlassung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 23. Mai 2019, GZ 53 R 54/19a-39, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Oberndorf vom 28. Dezember 2018, GZ 2 C 681/17x-34, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit 501,91 EUR (darin 83,65 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger lebt mit seiner Lebensgefährtin und deren Tochter in einer im Eigentum der Lebensgefährtin stehenden Erdgeschosswohnung, der Beklagte mit seiner Ehefrau in der in seinem Eigentum stehenden angrenzenden Erdgeschosswohnung. Beiden Wohnungen sind Gärten zugeordnet, die ebenso aneinander grenzen. Vor diesen Gärten führt ein im Allgemeineigentum stehender Zugangsweg (ausschließlich) zu den Gärten der Streitteile vorbei.

Im April 2017 montierte der Beklagte im Bereich der Außenfassade seiner Wohnung eine Überwachungskamera („Dome-Kamera“). Er brachte diese an einem Kantholz in einer Höhe von etwa 2,2 m an, welches den über seiner Terrasse befindlichen Balkon stützt. Die Kamera ist 360 Grad schwenkbar, hat einen vierfach optischen Zoom und einen Slot für eine Speicherkarte, welche beim Ankauf bereits vorinstalliert war. Dem Beklagten ist es damit möglich, jederzeit Aufnahmen zu erstellen. Die Kamera ist über eine Handyapplikation steuerbar und auch in der Nacht mittels Infrarot funktionsfähig. Diese Infrarotfunktion wird ab entsprechenden Lichtverhältnissen automatisch aktiviert. Die Kamera verfügt außerdem über eine Alarmfunktion, welche anschlägt, sobald sich etwas bewegt; diese Funktion verwendet der Beklagte allerdings nicht.

Der Schwenkbereich der Kamera umfasst den eigenen Garten des Beklagten. Allerdings kann auch der vor dem Garten befindliche Zugangsweg gefilmt werden. Während der Boden des Gartens der Lebensgefährtin des Klägers mit der Kamera nicht erfassbar ist, kann mit ihr in einem äußerst kleinen Bereich in einem Eck dieses Gartens etwa auf Höhe des Kopfes einer erwachsenen Person Einsicht genommen werden, wobei dieser Bereich allerdings derart unscharf ist, dass nichts erkannt werden kann. Über diesen äußerst kleinen Bereich hinaus kann vom Garten der Lebensgefährtin des Klägers mit der Kamera nichts gesehen werden, weil dies die Hauswand verhindert. Der Weg zum Fahrradraum und den Mistkübeln ist durch eine Mauer verdeckt und kann daher mit der Kamera ebenfalls nicht eingesehen werden. Aufgrund der Höhe der Mauer wären zwar (nur) die Köpfe erwachsener vorbeigehender Personen zu sehen, allerdings kann man diese aufgrund der Unschärfe nicht erkennen. Wird dieser Bereich gezoomt, schwenkt die Kamera automatisch nach unten, sodass nur mehr die Mauer ersichtlich ist. Eine andere Positionierung der Kamera wäre nicht möglich, andernfalls der eigene Garten des Beklagten nicht mehr im erforderlichen Ausmaß, nämlich insbesondere die eigene Terrasse und der Bereich vor der Schlafzimmerterrassentüre, der sich auf einer anderen Seite als der Terrassenbereich befindet, gefilmt werden könnte.

Die Kamera wird vom Beklagten bei Tag zur Echtzeitüberwachung verwendet. Eine Aufzeichnung erfolgt hingegen nachts, wobei die Kamera so eingestellt ist, dass ausschließlich die Terrasse und der Bodenbereich des eigenen Gartens des Beklagten gefilmt werden. Über die Zugangsdaten zur Handyapplikation verfügen nur der Beklagte und dessen Ehefrau.

Der Kläger begehrt die Entfernung dieser Überwachungskamera und die Unterlassung der Anbringung einer Überwachungskamera derart, dass der Garten des vom Kläger bewohnten, der Zugangsweg vor den Gärten, der Bereich der Mülltonnen, der Bereich vor dem Kellerabgang/Fahrradabgang (und/oder) sonstige im Allgemeineigentum stehende Flächen überwacht werden. Mit der vom Beklagten angebrachten Überwachungskamera werde insbesondere ein Teil des vom Kläger bewohnten Gartens und der allgemein zugängliche Weg vor den Gärten eingesehen und aufgezeichnet. Da der Kläger, dessen Lebensgefährtin und deren Tochter diesen Weg oft benützten und insgesamt ein ständiger Überwachungsdruck vorliege, seien sie durch die Überwachung in ihrem Grundrecht auf Privatsphäre und ihr Recht am eigenen Bild verletzt. Darüber hinaus stützte der Kläger sein Begehren auf die Bestimmungen des Datenschutzgesetzes.

Dagegen wendete der Beklagte ein, die Kamera sehe den Garten des Klägers (bzw deren Lebensgefährtin) nicht ein, es erfolge lediglich eine Echtzeitüberwachung und diese sei zum Schutz von Leib und Leben des Beklagten und seiner Ehefrau sowie deren Eigentums aufgrund zahlreicher Vorfälle und Verhaltensweisen des Klägers erforderlich und gerechtfertigt.

Das Erstgericht, das umfangreich Beobachtungs- und Verfolgungshandlungen durch den Kläger, dessen auffälliges, ungewöhnliches und provokatives Verhalten, Lärmbelästigungen sowie Beeinflussungen und Einschüchterungen feststellte, wies das Klagebegehren ab. Der Beklagte greife zwar mit seiner Kamera in die Privatsphäre des Klägers ein, dessen Verhalten sei jedoch unverständlich, von jenem eines Durchschnittsmenschen erheblich abweichend, besorgniserregend, undurchschaubar und provokativ; aufgrund seiner Äußerungen seien auch weitere Eingriffe in Form von Rechtsverletzungen (etwa in Form von Sachbeschädigungen) zu befürchten. Eine Interessenabwägung habe deshalb zugunsten des Beklagten auszuschlagen.

Das Berufungsgerichtgab dem Klagebegehren statt und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR übersteigt und die ordentliche Revision zulässig ist; es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Anwendbarkeit „der neuen Rechtsordnung“ (gemeint: des Datenschutzgesetzes in der Fassung des Datenschutz-Anpassungsgesetzes 2018, BGBl römisch eins 2018/120) auf den konkreten Fall und zur Frage, ob und in welcher Form eine Bildverarbeitung von allgemeinen Teilen der Liegenschaft zulässig ist, wenn sich ein Lebensgefährte der Wohnungseigentümerin in der Gemeinschaft in der festgestellten Form nicht angepasst verhält.

In der Sache selbst vertrat das Berufungsgericht unter Hinweis auf Paragraph 12, DSG in der erwähnten Fassung die Auffassung, dass eine Bildverarbeitung zwar zulässig sei, wenn im Einzelfall überwiegende berechtigte Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten bestehen; es müsse aber auch die Verhältnismäßigkeit gegeben sein. Dies sei hier nicht der Fall, weil eine tatsächliche ernstliche und unmittelbare Drohung erheblicherer und schwerwiegenderer Aktionen des Klägers im von der Kamera umfassten Bereich nicht festgestellt worden seien. Das übermäßige Abschneiden von Thujen und eines Essigbaums des Beklagten durch den Kläger vom Zugangsweg aus habe mangels Vorsatzes nicht einmal eine strafbare Sachbeschädigung dargestellt; die übrigen Verhaltensweisen des Klägers hätten nicht im Sichtbereich der Kamera stattgefunden bzw hätten durch diese nicht verhindert werden können.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

1. Wie der Oberste Gerichtshof bereits festgehalten hat (6 Ob 131/18k ecolex 2019/151 [Zemann] = iFamZ 2019/78 [Deixler-Hübner] = jusIT 2019/29 [ThieleJahnel, 123] = RZ 2019/11 [Spenling] = ZIIR 2019, 168 [Thiele, 147] = MR 2019, 190 [Walter]; 6 ObA 1/18t ZIIR 2019, 285 [Thiele] = wbl 2019, 587 [Goricnik] = jusIT 2019/76 [Thiele]), gilt nach Artikel 99, Absatz 2, der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. 4. 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung, DSGVO) diese Verordnung ab dem 25. 5. 2018. Für Österreich bestimmt Paragraph 69, Absatz 4, DSG in der Fassung des Datenschutz-Anpassungsgesetzes 2018 (BGBl römisch eins 2018/120), dass zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes (am 25. 5. 2018; Paragraph 70, Absatz eins, leg cit) bei der Datenschutzbehörde oder bei den ordentlichen Gerichten zum Datenschutzgesetz 2000 anhängige Verfahren nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes und der DSGVO fortzuführen sind, mit der Maßgabe, dass die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte aufrecht bleibt. Sowohl die DSGVO als auch das Datenschutzgesetz in der Fassung des Datenschutz-Anpassungsgesetzes 2018 sind somit in diesem Verfahren bereits beachtlich.

2. Nach deren Artikel 2, Absatz eins, ist die DSGVO auf die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nicht automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen, anwendbar. Dabei werden alle Arten von personenbezogenen Daten geschützt; dieser Begriff, den die DSGVO in Artikel 4, Ziffer eins, definiert („alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen“), ist weit zu verstehen (RS0132655). NachHödl (in Knyrim, DatKomm [2019] Artikel 4, DSGVO Rz 9) ist (auch) der Begriff der Informationen weit zu verstehen und umfasst neben den äußeren Merkmalen (wie etwa Geschlecht, Größe, Gewicht) auch Identifikationsmerkmale (wie etwa Name, Geburtsdatum), sachliche Informationen (wie etwa Vermögens- und Eigentumsverhältnisse), innere Zustände (wie etwa Überzeugungen, Werturteile) und auch sonstige Beziehungen der betroffenen Person zu Dritten und ihrer Umwelt.

3. Die Begriffsdefinition der personenbezogenen Daten enthält drei Komponenten: Eine Verarbeitungskomponente, eine Inhaltskomponente und eine Identitätskomponente (Hödl aaO Rz 10). Zutreffend führt Bergauer (in Knyrim, Datenschutz-Grundverordnung – Das neue Datenschutzrecht in Österreich und der EU [2016] 47) dazu aus, dass es sich beim äußeren Erscheinungsbild dann um ein personenbezogenes Datum handelt, wenn diese Information in eine verarbeitbare Darstellung gebracht wird. Im Fall von Bilddaten muss die abgebildete Person zumindest erkennbar sein; dafür reicht es auch aus, dass die Betroffenen im Nachhinein bestimmbar sind (Hödl aaO Rz 16). Außerdem ist eine Identifikation einer Person möglich, wenn zwar die Information für sich genommen nicht ausreicht, um sie einer Person zuzuordnen, jedoch dies möglich ist, sobald man diese Information mit anderen Informationen verknüpft (Hödl aaO Rz 12). Auch Erwägungsgrund 26 Satz 3 der DSGVO sieht vor, dass bei der Frage, ob es sich um eine identifizierbare Person handelt, alle Mittel berücksichtigt werden sollten, die von dem Verantwortlichen nach allgemeinem Ermessen wahrscheinlich genutzt werden, um die natürliche Person direkt oder indirekt zu identifizieren. Daraus geht hervor, dass ein vorliegender Personenbezug auch erst im Nachhinein entstehen kann, weil es bei der Feststellung, ob Mittel nach allgemeinem Ermessen wahrscheinlich zur Identifizierung der natürlichen Person genutzt werden, auf den Zeitpunkt der Verarbeitung ankommen soll und nicht den der Erhebung (Feiler/Forgó, EU-DSGVO [2016] Artikel 4, Rz 3). Dies steht mit der (bisherigen) zu Paragraph 16, ABGB indizierten Rechtsprechung im Einklang, wonach eine Videoaufzeichnung dann „identifizierend“ ist, wenn sie aufgrund eines oder mehrerer Merkmale letztlich einer bestimmten Person zugeordnet werden kann (RS0120422).

4. Die Legaldefinition der Verarbeitung in Artikel 4, Ziffer 2, DSVGO besteht aus einer allgemeinen Definition und einer demonstrativen Aufzählung unterschiedlicher Verarbeitungsarten. Verarbeitung ist dabei jeder mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführte Vorgang im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten oder jede solche Vorgangsreihe (Hödl in Knyrim, DatKomm Artikel 4, DSGVO Rz 27). In der demonstrativen Aufzählung finden sich unter anderem die Vorgänge des Erhebens und des Erfassens. Durch diese beiden Vorgänge gelangen Daten in den Verfügungsbereich des Verantwortlichen, wobei dabei aktive Handlungen gesetzt werden müssen. Eine inhaltliche Kenntnisnahme der Aufzeichnungen ist nicht erforderlich, wohl aber die Möglichkeit, inhaltlich Kenntnis zu nehmen. Unterschieden werden diese Vorgänge dadurch, dass das Erheben auf eine gezielte Beschaffung abstellt und das Erfassen eine kontinuierliche Aufzeichnung ist (Hödl aaO Rz 29).

Von einer automatisierten Verarbeitung spricht man, wenn sämtliche Verarbeitungsschritte ohne menschlich-manuelle Interaktion (etwa Tastatureingaben) programmgesteuert bzw elektronisch vorgenommen werden (Heißl in Knyrim, DatKomm Artikel 2, DSGVO Rz 49). Eine teilweise automatisierte Verarbeitung liegt dann vor, wenn zumindest einzelne Schritte der Verarbeitung maschinell oder programmgesteuert erfolgen. Denn von einer nichtautomatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten spricht man nur dann, wenn diese vollkommen ohne IT-Unterstützung erfolgt (Bergauer in Knyrim, Datenschutzverordnung – Das neue Datenschutzrecht in Österreich und der EU 44 f). Der erkennende Fachsenat hat bereits in der Entscheidung 6 Ob 131/18k ausgeführt, dass eine automatisierte Verarbeitung immer dann vorliegt, wenn Datenverarbeitungsanlagen zum Einsatz kommen, wobei unerheblich ist, ob die Dateien in irgendeiner Weise strukturiert abgespeichert sind; eine automatisierte Datenverarbeitung liege also vor, soweit der Einsatz der Datenverarbeitungsanlage zur Zugänglichkeit der Daten und zur Auswertung des Datenbestands beiträgt, wobei allerdings die rein manuelle Auswertung automatisch aufgezeichneter Daten diese Voraussetzung nicht erfülle. Damit führe jede Benutzung von Computer, Internet oder E-Mail zur Anwendbarkeit der Verordnung, sobald personenbezogene Daten involviert sind; der weite Begriff des Artikel 2, Absatz eins, DSGVO erfasse sämtliche heute gebräuchlichen rechnergestützten Verarbeitungen personenbezogener Daten.

Die genaue Unterscheidung zwischen automatisierter und teilweise automatisierter Verarbeitung personenbezogener Daten ist allerdings nicht notwendig, weil auf beide Arten die DSGVO anwendbar ist. Nur bei einer nichtautomatisierten Verarbeitung wäre weiter zu prüfen, ob die Daten in einem Dateisystem gespeichert werden oder gespeichert werden sollen (BergaueraaO 45). Ein Dateisystem ist gemäß Artikel 4, Ziffer 6, DSGVO dabei jede strukturierte Sammlung personenbezogener Daten, die nach bestimmten Kriterien zugänglich sind, unabhängig davon, ob diese Sammlung zentral, dezentral oder nach funktionalen oder geografischen Gesichtspunkten geordnet geführt wird.

Beim Verantwortlichen nach der DSGVO handelt es sich um jene Person, welche dafür zu sorgen hat, dass deren Bestimmungen auch eingehalten werden. Er wird in Artikel 4, Ziffer 7, DSGVO dahin definiert, dass es sich dabei um diejenige Person handelt, welche allein oder gemeinsam mit anderen über die Mittel und Zwecke der Verarbeitung entscheidet. Er ist Adressat von Ansprüchen von betroffenen Personen (Hödl in Knyrim, DatKomm Artikel 4, DSGVO Rz 77).

5. Vor dem Hintergrund dieser Bestimmungen sind die Voraussetzungen zur Anwendbarkeit der DSGVO im vorliegenden Fall gegeben. Der Beklagte ist als Verantwortlicher anzusehen, weil er die Verfügungsgewalt über die Kamera hat und diese auch über sein Handy bedienen kann und somit bestimmt, wann welcher Bereich gefilmt wird. Beim Filmen werden Bilddaten aufgenommen, es liegt somit ein Erfassen vor. Bei den aufgenommenen Bilddaten handelt es sich um personenbezogene Daten, weil diese zumindest im Nachhinein einer bestimmten Person, nämlich dem Kläger bzw dessen Familie, zugeordnet werden können. Bei den Aufnahmen des Zugangswegs zu den Gärten kann der Kläger sogar unmittelbar durch die Aufnahme erkannt werden. Schließlich handelt es sich auch um eine (zumindest teil-)automatisierte Verarbeitung, weil der Beklagte eine Handyapplikation sowie die vorinstallierte Software für die Steuerung seiner Kamera verwendet.

Das Haushaltsprivileg des Artikel 2, Absatz 2, Litera c, DSGVO kommt hingegen nicht zur Anwendung: Der sachliche Anwendungsbereich der DSGVO ist nicht gegeben, wenn die Verarbeitung personenbezogener Daten durch natürliche Personen zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten erfolgt (Artikel 2, Absatz 2, Litera c, DSGVO). Dieses Privileg ist restriktiv auszulegen (Heißl in Knyrim, DatKomm Artikel 2, DSGVO Rz 64). Grundsätzlich fallen zwar auch private Foto- und Videoaufnahmen unter diese Ausnahme und wären somit nicht vom Anwendungsbereich der DSGVO umfasst. Sobald jedoch ein Kamerasystem nicht nur für familiäre Zwecke eingesetzt wird, sondern zum Beispiel zur Beweissicherung, dann greift dieses Haushaltsprivileg nicht (Heißl aaO Rz 69, EuGH C-212/13 [František Ryneš/Úřad pro ochranu osobních údajů]). Da im vorliegenden Fall – ähnlich dem der Entscheidung des EuGH C-212/13 zugrunde liegenden Fall – auch der öffentliche Zugangsweg zu den Gärten gefilmt wird, kommt eine Anwendung des Haushaltsprivilegs nicht in Betracht.

6. Gemäß Artikel 6, Absatz eins, Litera d, DSGVO ist die Verarbeitung von personenbezogenen Daten rechtmäßig, wenn lebenswichtige Interessen der betroffenen Person (hier: des Klägers) oder einer anderen natürlichen Person (hier: des Beklagten und dessen Ehefrau) geschützt werden. Dieser Rechtfertigungsgrund ist jedoch eng auszulegen; er erfasst lediglich die höchsten Rechtsgüter wie etwa die körperliche Unversehrtheit und das Leben (Kastelitz/Hötzendorfer/Tschohl in Knyrim, DatKomm Artikel 6, DSGVO Rz 44). Solche sind hier nicht betroffen.

Nach Artikel 6, Absatz eins, Litera f, DSGVO ist zu prüfen, ob die Verarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt. Dabei ist nach folgendem Prüfschema vorzugehen: Vorliegen eines berechtigten Interesses zur Verarbeitung, Erforderlichkeit der Verarbeitung zur Verwirklichung dieses Interesses und kein Überwiegen der Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person (ausführlichKastelitz/Hötzendorfer/Tschohl in Knyrim, DatKomm Artikel 6, DSGVO Rz 51 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des EuGH). Zu dieser Abwägung der berührten Interessen der Streitteile vergleiche unter Punkt7.2.

7. Das Datenschutzgesetz in der Fassung des Datenschutz-Anpassungsgesetzes 2018 (BGBl römisch eins 2018/120) enthält im Gegensatz zur DSGVO explizite Bestimmungen zur Bildverarbeitung, weshalb im Folgenden (auch) auf Paragraphen 12 und 13 DSG näher einzugehen ist vergleiche auchKnyrim, DatKomm Vorbemerkung Entwicklung des österreichischen DSG und aktuelle Rechtsentwicklung im Datenschutzrecht Rz 13).

7.1. Der Begriff der „Bildaufnahme“ gemäß Paragraph 12, DSG ist sehr weit gefasst und umfasst neben Videoanwendungen wie Action-Cams und Wildkameras (Pollirer/Weiss/Knyrim/Haidinger, DSG4[2019] Paragraph 12, Anmerkung 1a) fast jede Bildaufnahme zur Feststellung von Ereignissen zu privaten Zwecken mit technischen Einrichtungen (Kastelitz/Hötzendorfer/Tschohl in Knyrim, DatKomm Artikel 6, DSGVO Rz 83). Dementsprechend wird auch in den Materialien (ErläutRV 1664 BlgNR 25. GP 14) ausgeführt, dass die neue Regelung darauf abzielt, grundsätzlich alle Bildaufnahmen durch Verantwortliche des privaten Bereichs diesen Bestimmungen unterliegen zu lassen, sofern diese nicht aufgrund von Artikel 2, Absatz 2, Litera c, DSGVO („Haushaltsausnahme“) vom Anwendungsbereich ausgenommen sind und auch nicht andere Gesetze hierzu Besonderes vorsehen. Die gegenständliche Überwachungskamera ist somit vom Anwendungsbereich umfasst.

7.2. Paragraph 12, DSG regelt die Zulässigkeitserfordernisse für eine Bildaufnahme. Dabei könnte hier lediglich der Zulässigkeitstatbestand des Paragraph 12, Absatz 2, Ziffer 4, DSG („wenn im Einzelfall überwiegende berechtigte Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten bestehen und die Verhältnismäßigkeit gegeben ist“) anwendbar sein.

7.2.1. In Paragraph 12, Absatz 3, DSG wird die Interessenabwägung bereits auf gesetzlicher Ebene für „quasi massenhaft auftretende Fallkonstellationen“ vorgenommen (Kastelitz/Hötzendorfer/TschohlaaO Rz 85). Es sind dies (beispielhafte) Fälle, in denen die Bildaufnahme „insbesondere“ zulässig ist, wobei hier lediglich Paragraph 12, Absatz 3, Ziffer eins und 2 DSG Anwendung finden könnte.

Gemäß Paragraph 12, Absatz 3, Ziffer eins, DSG ist eine Bildaufnahme gemäß Paragraph 12, Absatz 2, Ziffer 4, DSG dann zulässig, wenn sie dem vorbeugenden Schutz von Personen oder Sachen auf privaten Liegenschaften, die ausschließlich vom Verantwortlichen genutzt werden, dient und räumlich nicht über die Liegenschaft hinausreicht, mit Ausnahme einer zur Zweckerreichung allenfalls unvermeidbaren Einbeziehung öffentlicher Verkehrsflächen. Dieser Zulässigkeitstatbestand ist hier jedoch nicht gegeben, weil der Beklagte über das „unvermeidliche“ Ausmaß hinaus einen Teil des öffentlichen Zugangswegs und zusätzlich noch einen (wenngleich kleinen) Teil des privaten Gartens der Lebensgefährtin des Klägers filmt.

Nach Paragraph 12, Absatz 3, Ziffer 2, DSG ist eine Bildaufnahme dann zulässig, wenn sie für den vorbeugenden Schutz von Personen oder Sachen an öffentlich zugänglichen Orten, die dem Hausrecht des Verantwortlichen unterliegen, aufgrund bereits erfolgter Rechtsverletzungen oder eines in der Natur des Orts liegenden besonderen Gefährdungspotenzials erforderlich ist. Als Beispiele werden in der Literatur Diebstähle und Sachbeschädigungen angeführt (Pollirer/Weiss/Knyrim/Haidinger aaO Paragraph 12, Anmerkung 10;Kastelitz/Hötzendorfer/TschohlaaO Rz 85). Darunter würden zwar die von den Vorinstanzen festgestellten Beschädigungen der Thujen, des Essigbaums, des Fensterblechs und des Zauns des Beklagten durch den Kläger fallen und damit als Anlasstaten für eine Überwachung gemäß Paragraphen 12, Absatz 2, Ziffer 4, in Verbindung mit 12 Absatz 3, Ziffer 2, DSG angesehen werden können. Allerdings bedarf es auch in einem solchen Fall einer Verhältnismäßigkeitsprüfung für den konkreten Einzelfall vergleiche 6 Ob 256/12h ecolex 2013/222 [Hofmarcher] = ZIR 2013, 205 [Höhne] = EvBl 2013/104 [KarnerSchmidthuber, ÖJZ 2017, 211] = ÖBl 2013/56 [Büchele] = AnwBl 2013, 332 [Fischer, 476]).

7.2.2. Im Rahmen der somit zu erfolgenden Interessenabwägung ist auf jene Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu verweisen, wonach das Recht auf Achtung der Geheimsphäre als Persönlichkeitsrecht im Sinn des Paragraph 16, ABGB angesehen wird (RS0009003). Das Recht auf Wahrung der Geheimsphäre schützt sowohl gegen das Eindringen in die Privatsphäre der Person als auch gegen die Verbreitung rechtmäßiger erlangter Information über die Geheimsphäre (RS0009003 [T9]). Systematische, verdeckte, identifizierende Videoüberwachung stellt immer einen Eingriff in das geschützte Recht auf Achtung der Geheimsphäre dar (6 Ob 6/19d).

Einer Person darf nicht das Gefühl gegeben werden, dass sie jederzeit überwacht werden kann: Der Oberste Gerichtshof hielt dazu in der Entscheidung 6 Ob 2401/96y fest, dass es stets auf eine genaue Abwägung zwischen dem Interesse des Betroffenen auf Geheimhaltung und den Interessen des Handelnden auf der anderen Seite ankommt. Paragraph 16, ABGB umfasse genauso wie Artikel 8, EMRK den höchstpersönlichen Lebensbereich als Schutzbereich. Somit sei unter anderem auch das Leben in und mit der Familie umfasst (RS0122148), dies insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass gemäß Paragraph 16, ABGB jeder Mensch ein Recht auf Achtung seiner Geheimspähre hat (RS0009003). Dabei ist auf den Überwachungsdruck abzustellen, den der Überwachte empfindet, sodass es nicht darauf ankommt, wie die Kamera konkret eingestellt ist und wie scharf die Aufnahme tatsächlich ist (6 Ob 6/06k). In diesem Sinne wurde erst jüngst zu 3 Ob 195/17y (ErwGr 4.2) ausgesprochen, dass die dort konfigurierte Verpixelung von Teilen der von den Videokameras erfassten Bereiche außerhalb des Grundstücks der Beklagten nur am Bildschirm im Wohnzimmer der Beklagten in Erscheinung tritt und daher für einen unbefangenen, objektiven Betrachter von außen nicht erkennbar ist. Entscheidend ist, ob nach den Umständen des Falls die konkrete Befürchtung besteht, dass die Kamera jederzeit in Betrieb gesetzt werden könnte; die Eingriffsgefahr ist somit zu bejahen, wenn die konkrete Befürchtung besteht, die Beobachtung mit der Kamera könnte einsetzen (3 Ob 195/17y [ErwGr 2.2]). Abzustellen ist dabei auf den Eindruck, der sich für einen „unbefangenen, objektiven Betrachter“ bei Betrachtung der Kamera ergibt (6 Ob 231/16p).

Das Recht am eigenen Bild kann schon dann verletzt sein, wenn die Herstellung von Bildnissen einer Person in der Öffentlichkeit ohne Verbreitungsabsicht geschieht (RS0128659). Es darf dabei zwar nicht zu einer Überspannung des Schutzes der Persönlichkeitsrechte kommen, weil dies zu unerträglichen Einschränkungen der Interessen anderer und jener der Allgemeinheit führen würde (RS0008990). Jedoch gehört nach der Entscheidung 6 Ob 16/18y zu den Gründen, die eine private Videoüberwachung rechtfertigen, nicht die Erlangung von Beweismitteln in einem Zivilrechtsstreit (RS0132122).

7.2.3. Im vorliegenden Fall überwiegen die Interessen des Klägers auf Datenschutz und insbesondere seines Geheimhaltungsinteresses, weil der Beklagte den Zugangsweg zum Garten der Lebensgefährtin des Klägers überwacht und so jederzeit feststellen kann, wann der Kläger den Garten betritt vergleiche RS0107155 [T3, T4]; 6 Ob 6/06k). Insbesondere der Umstand, dass die Kamera auch den Garten der Lebensgefährtin des Klägers filmt, greift in dessen Geheimhaltungsinteresse ein vergleiche RS0107550). So wurde auch in der Entscheidung 6 Ob 6/06k festgehalten, dass das Interesse des Beklagten am Schutz seines Eigentums keine Überwachung des Grundstücks des Klägers erfordert, weil für die bezweckte Abschreckung die Überwachung des eigenen Grundstücks genügt.

Damit ist die Auffassung des Berufungsgerichts, die Überwachungsmaßnahme des Beklagten sei im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung überschießend, nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat kein berechtigtes Interesse zu erfahren, wann und wie oft der Kläger und dessen Familie den Zugangsweg und den Eckbereich des eigenen Gartens benützen; gerade insoweit besteht aber auch der durch die Anbringung der Kamera ausgelöste Überwachungsdruck. Hinzu kommt, dass die Videoüberwachung hinsichtlich eines Teils der festgestellten Handlungen tatsächlich auch nicht geeignet ist, Störungshandlungen zu unterbinden (zB hinsichtlich Belästigungen beim Spazierengehen), teilweise erscheint sie bei Betrachtung der erfolgten Handlungen auch als Reaktion unverhältnismäßig (zB hinsichtlich des Durchzwickens eines Kabelbinders).

Der Revision des Beklagten war somit ein Erfolg zu versagen.

8. Auch auf die Argumentation des Beklagten in seiner Revision, bei der angeordneten Beseitigung der Kamera handle es sich nicht um das gelindeste Mittel, könnte doch der Zweck auch in Form eines Unmöglichmachens des Filmens des Wegs und des anderen Gartens durch eine Verblendung der Kamera erreicht werden, braucht nicht näher eingegangen zu werden. Diese Einrede hätte der Beklagte bereits im Verfahren erheben müssen vergleiche RS0108589RS0042025). Die nunmehr erhobene Einrede verstößt somit gegen das Neuerungsverbot des Paragraph 504, Absatz 2, ZPO und ist nicht zu beachten.

9. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf Paragraphen 41,, 50 ZPO.

Schlagworte

Dome‑Kamera des Nachbarn,

Textnummer

E127091

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0060OB00150.19F.1127.000

Im RIS seit

22.01.2020

Zuletzt aktualisiert am

17.01.2022

Dokumentnummer

JJT_20191127_OGH0002_0060OB00150_19F0000_000